Die Entwicklung von PDF/X – Wie alles begann

Martin Baileys spannender Einblick in die Anfänge von PDF und PDF/X

Im Frühjahr 2022 veröffentlichte Martin Bailey (Technologe bei Global Graphics und Mitentwickler von PDF-Subset-Standards) auf pdfa.org einen äußerst lesenswerten Artikel zur Geschichte von PDF/X aus seiner Sicht.

Der Artikel vermittelt einen guten Einblick hinter die Kulissen, man erfährt von einem Entwickler der ersten Stunde einiges über die Anfänge von PDF/X und eine Einordnung zum aktuellen Stand der Dinge. Martin Bailey beschreibt die Anfänge: Bereits 1991 saß er in einem Seybold-Seminar, eine Institution für alle, die im Produktionsdruck beschäftigt waren. Auf diesem besagten Event stellte auch ein gewisser John Warnock seine Idee eines „editierbaren PostScripts“ vor. Die damals noch wage Idee fand Bailey bereits spannend, da er selbst zu dem Zeitpunkt als Technischer Direktor des größten PostScript-Servicebüros in London tagtäglich damit zu tun hatte. Doch das waren erst einmal nur wage Vorzeichen, doch einige Zeit später kam es dann tatsächlich zur Geburtsstunde von PDF durch Adobe.

Wie PDF die Druckindustrie veränderte

Die Veröffentlichung von PDF hatte auch Einfluss auf die Druckindustrie und bedeutete, dass sich die Arbeitsabläufe hinsichtlich der Druckvorstufe verändern würden. Auch Bailey erlebte dies bei seiner täglichen Arbeit. Es stellte sich zunächst heraus, dass die ersten PDF-Versionen nicht unbedingt gut für den Produktionsdruck geeignet waren. Erst mit PDF 1.2 konnte man solide arbeiten, allerdings mussten auch die Workflow-Werkzeuge mit angepasst werden. Die kommenden Jahre bis nach 1995 wurde mehr entwickelt und verändert, aber PDF reichte für den Druck weiterhin nicht aus, wie Bailey anschaulich beschreibt. Ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang war die Organisation für die Standardisierung von Druckverfahren, CGATS, der Baily um 1995 beitrat und später den Vorsitz übernahm. Das Ziel: PDF für Produktionsdruck-Workflows zuverlässiger machen!

Diese Herausforderung war damals neu und ungewohnt, denn die Erfahrung mit der Erstellung dieser Art von technischen Standards für Software war damals noch gering.

Aus dieser Vorarbeit heraus war Martin Bailey daran beteiligt, wie 1999 das erste PDF/X (PDF for eXchange) als CGATS-Standard das Licht der Welt erblickte. Doch der Versuch, die Lücke zwischen bereits bestehenden Workflows und den Anforderungen eines reinen PDF-Workflows zu schließen, lief nicht ohne Probleme und dieser Standard war für die meisten Produktionsumgebungen noch nicht bereit, so Bailey.

ISO Arbeitsgruppe ab 2000

Im Jahr 2000 endlich begann dann die Arbeit an einer verbesserten PDF/X-1 Norm in der ISO. Man lernte aus den zunächst gemachten Fehlern und es wurde eine ISO-Arbeitsgruppe gegründet mit Martin Bailey im Vorsitz. Bailey beschreibt, wie es zunächst wieder einige Hürden und Hindernisse zu überwinden galt. Zudem gab es hitzige Diskussionen darum, dass die CGATS PDF/X-1-Norm für die Lieferung von Dokumenten in CMYK (optional mit Schmuckfarben) definiert war. Ergebnis der Diskussion war, dass am Ende sowohl ein CMYK PDF/X Standard als auch einen zweiter definiert wurde, welcher geräteunabhängige Farben erlaubte. Bailey fasst zusammen:

„Die CMYK-Norm war näher an der Fertigstellung und wurde daher 2001 als ISO 15930-1 veröffentlicht, die PDF/X-1 und PDF/X-1a definierte, und die Norm, die geräteunabhängige Farben erlaubte, kam ein Jahr später als ISO 15930-3 heraus, die PDF/X-3 definierte.“

Zunächst wirkte die Fertigstellung wie eine unzureichende Kompromisslösung, doch im Nachhinein war die Kombination von PDF/X-1a für CMYK und PDF/X-3 für geräteunabhängige Farben vermutlich das bestmögliche Ergebnis, wie Bailey ergänzt. Beide Standards wurden 2003 in einer weiterentwickelten Ausgabe erneut herausgebracht, bei der die ursprüngliche PDF/X-1 Konformitätsstufe entfernt wurde, so dass PDF/X-1a in 15930-1 übrigblieb.

Was geschah mit TIFF/IT?

Im Jahr 2003 wurde TIFF noch gern PDF/X-1a gegenübergestellt. TIFF/IT war allerdings sehr auf die Lieferung von Display-Werbung ausgerichtet, war aber äußerst beliebt, da es einfach sehr zuverlässig war. Hier konnten die früheren PDF-Dateien eben nicht mithalten. Bailey beschreibt, wie tatsächlich 7 von 10 Dateien im PDF-Format nachträglich bearbeitet und korrigiert werden mussten. Damit taten sich die Unternehmen der Druckvorstufenbetriebe und Druckdienstleister besonders schwer. Doch dann konnte PDF/X-1a endlich mithalten, die Fehlerquote war verschwindend gering, was dann das Ende von TIFF/IT bedeutete.

Weitere PDF/X Konformitätsstufen

 Im Laufe der Zeit wurden viele zusätzliche PDF/X Konformitätsstufen entwickelt, hier ist vermutlich am ehesten PDF/X-4 hervorzuheben. Martin Bailey beschreibt den Balanceakt, der bei der Entwicklung immer eine große Rolle spielt:

„Einerseits muss der Standard weiterentwickelt werden aber auf der anderen Seite darf es nicht durch zu viele Konformitätsstufen unübersichtlich werden. Und jede neue Konformitätsstufe muss sowohl den Entwicklern als auch den Anwendern einen ausreichenden Nutzen bieten, damit sich der Aufwand für ihre Implementierung und Nutzung lohnt.“

Mehr Infos zu allen vier PDF/X-Standards und deren Charakteristik:
https://www.pdfa.org/the-route-to-pdf-x-and-where-we-are-now-a-personal-history/

Aktuell wird PDF/X nach Bailey in erster Linie hier eingesetzt:
Direktmarketing, Werbung, Publikationen, Zeitungsdruck, Etiketten, Verpackungen, Großformat, Produktdekoration und industrieller Druck für Textilien usw. Zusammenfassend kann man sagen: PDF/X ist eine ausgezeichnete Wahl für die meisten Druckbereiche, in denen Entwürfe in PDF geliefert werden.

Martin Bailey geht auch auf die verbleibende Lücke ein, die vermutlich erst mit einem neuen PDF-Standard PDF 2.0 erweiternd geschlossen wird. Hier geht es konkret um „die Vorbereitung einer PDF-Datei für eine bestimmte Druckmaschine mit Druckfarben mit erweitertem Farbumfang (z.B. CMYKOGV)“ so Bailey und erwähnt außerdem einige, weitere, nützliche Spezifikationen und Ressourcen anderer Organisationen wie die PDF/X+-Spezifikationen der Ghent Workgroup, die Altona Test Suite, PDF/VT (ISO 16612-2 und -3) für den Druck variabler Daten, PDF Processing Steps sowie Print product metadata.

Zum Autor Martin Bailey:
Martin Bailey ist Technologe bei Global Graphics und arbeitet seit 1994 an PDF-Subset-Standards, zunächst mit PDF/X in CGATS und dann in ISO. Gegenwärtig ist er der Hauptvertreter Großbritanniens in den ISO-Ausschüssen für PDF/X und PDF/VT und anderen. Er war Projektredakteur für PDF/VT-3 und ist Vorsitzender der PDF/VT TWG der PDF Association und Mitvorsitzender der PDF TWG. In seiner Freizeit arbeitet er für Global Graphics Software, die in der Druckvorstufe und in digitalen Front-Ends für digitale Produktionsdruckmaschinen weit verbreitet ist.

Quelle: https://www.pdfa.org/the-route-to-pdf-x-and-where-we-are-now-a-personal-history/